Nachdenken über Bots - das Interesse
Martin Döring, 12. September 2021
Einen Bot zu programmieren führt sicher in den Wahnsinn – Martin Döring
Meine Erfahrung ist es, dass das Programmieren eines Bots, welcher nur seelenlos eingermaßen passende Antworten auf gemachte Eingaben gibt, relativ langweilig ist. Bei der Programmierung gibt es viele interessante Herausforderungen bei der Sprachanalyse (NLP), der Wortarterkennung (POS), der syntaktischen Erkennung von Satzteilen und derer Funktion und Bedeutung, der Auflösung von Referenzen, wie "jene" oder "welche", der Erkennung von Eigennamen, Diskursanalyse, Sprechakttheorie, die semantische Bedeutung von Wörtern im Gesamtzusammenhang, Beispiel: »der Läufer« im Schach, als Teppich im Flur oder als Sportler, und vieles andere mehr.
Aber wir sind hier immer noch auf der analytischen Seite. Damit eine Unterhaltung mit einem Bot Spaß macht, muss er mehr antworten, als nur leere Phrasen. Für den Gesprächspartner muss erkennbar werden, dass der Bot echtes Interesse am Diskussionsgegenstand hat. Vielleicht muss er sogar soetwas, wie eigene Interessen haben – zusätzlich zu dem Interesse nur zu verstehen, was der Gesprächspartner sagt.
Zusätzlich zu rein logischen Erwägungen muss er auch eine Art Gefühl haben für Zuneigung und Abneigung des Gesprächspartners zu bestimmten Themen oder zu seinem Verhalten und darauf sinnvoll reagieren. Ebenso muss er selbst zu bestimmten Themen oder Umgangsformen des Gesprächspartners Zuneigung oder Abneigung ausdrücken.
Er muss bei zweifelhaften Aussagen ein gesundes Misstrauen haben (im Zweifel, dass er ggf. etwas nicht verstanden hat) und er muss versuchen können, Aussagen mittels Nachfragen oder anhand von Erfahrung zu verifizieren. Hierfür benötigt er eine Repräsentation der Welt, in der der Sinn und die Funktion von Dingen enthalten ist, ebenso, wie die Art und Weise, wie Geschehnisse und Handlungen zu Situationen führen, die dann bewertet werden können.
Als einen Anfang auf einer höheren Ebene habe ich mich heute dafür interessiert, was eigentlich in einem Gespräch vom Ablauf her passiert und wie und warum wir von einer Fragestellung zur nächsten kommen. Dazu habe ich Beispiele gesammelt und ich habe die Vorstellung, eine Art Ablaufplan zu definieren, welcher Fokus oder welches Interesse in einem Gespräch auf welches vorherige folgt – oder potenziell folgen kann.
Hier meine bisherige Liste von kurzfristig entstehenden und teilweise aufeinander folgenden Interessen in Gesprächsabläufen:
- Wenn Menschen den Anfang einer Geschichte hören, wollen sie wissen, wie es weiter geht bzw. endet. (Erfahrung 3. Hand sammeln)
- Wenn Menschen von einem Geschehnis hören, wollen sie wissen, ob es für jemanden eine relevante Auswirkung hat.
- Wenn Menschen eine Auswirkung spüren, wollen sie wissen, ob sie willentlich herbeigeführt wurde oder zufällig passiert ist.
- Wenn Menschen von einer Entscheidung eines anderen hören, wollen sie ggf. die Beweggründe wissen (warum?)
- Wenn Menschen die Beweggründe anderer erfahren, wollen sie sie ggf. verstehen.
- Wenn Menschen von einer Situation hören, wollen sie diese bewerten.
- Wenn Menschen eine Situation bewertet haben, wollen sie wissen, ob diese ein Problem darstellt. (Handlungsbedarf)
- Wenn Menschen ein Problem erkennen, wollen sie ggf. herausfinden, wie man es lösen kann.
- Wenn Menschen ein Problem lösen wollen, suchen sie nach Erfahrungen, die zu Lösungen führen könnten.
- Wenn Menschen die Lösung für ein Problem zu kennen glauben, können sie abwägen, ob sie selbst die Situation bessern wollen, ob es andere tun sollten oder ob es gar nicht getan werden sollte.
- Wenn Menschen spüren, dass eine Situation nicht gut ist, wollen sie ggf. herausfinden, warum das so ist (Ursache).
- Wenn Menschen etwas ändern wollen, interessiert sie, wie sie es bewerkstelligen können. (wie machen? Plan)
- Wenn Menschen von anderen eine Planung hören, wollen sie ggf. alternative Vorschläge machen oder Verbesserungen anbringen. (Beratung anbieten)
- Wenn Menschen eine Unzufriedenheit spüren, interessiert sie, was diese auslöst.
- Wenn Menschen etwas brauchen, interessiert sie, wie sie es bekommen können. (wie bekommen)
- Wenn Menschen hören, dass ein anderer etwas benötigt, dann wollen sie wissen, wozu. (Zweck von Mitteln)
- Wenn Menschen etwas getan haben, was eine Situation verschlechtert hat, bereuen sie ggf. die Tat.
- Wenn Menschen eine Tat bereuen, wollen sie diese ggf. vor anderen verheimlichen, um ihren Status nicht zu senken.
- Wenn Menschen etwas getan haben, was eine Situation gebessert hat, sind sie zufrieden.
- Wenn Menschen mit einer eigenen Tat zufrieden sind, wollen sie diese ggf. mitteilen, um ihren eigenen Status zu erhöhen.
Mein Gedanke ist, dies alles in die Form einer State-Machine zu bringen, der die vergangene Unterhaltung analysiert und mögliche Fortsetzungen des Gesprächs ausgibt: Wo stehe ich und was kann sinnvoll folgen.
Siehe auch:
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